Eigentlich sollten die Handballer vom SC DHfK Leipzig gegen den deutschen Meister keine Aussichten haben, das Match zu gewinnen, so deutlich sprechen die Fakten für die Rhein-Neckar Löwen: Saisonhaushalt sechs Millionen, 13 Nationalspieler mit zusammen 1301 internationalen Einsätzen, seit mindestens neun Jahren ein Spitzenteam in der Bundesliga. Sie hatten in der letzten Saison nur gegen andere Spitzenteams verloren. Trotzdem wollte der Aufsteiger der letzten Saison den Favoriten ärgern.Das gelang den einheimischen Handballern durch das abschließende 24:25 (12:15) durchaus.
Der frechen Ankündigung in Presse und Internet schienen tatsächlich Taten zu folgen. Die körperkulturellen Handballer starteten hoch konzentriert. Lukas Binder, Alen Milosevic, Andreas Rojewski und Christoph Steinert warfen ein sensationelles 7:3 heraus. Nikolaj Jacobsen, der dänische Trainer auf der Gegenseite, musste in der neunten Minute seine erste Auszeit nehmen, um taktisch zu korrigieren. Im Angriff schickte er wechselweise Andy Schmid und Kim Ekdahl du Rietz beziehungsweise Mads Mensah Larsen und Harald Reinkind – alles Nationalspieler – auf die Platte. In der Deckung waren die Männer aus Mannheim sowieso nicht zimperlich. Außerdem schien Mikael Alf Appelgren, eine echte Krake im Kasten, tatsächlich acht Arme zu besitzen.
Der deutsche Meister drehte den Spieß um. 7:7, 8:10, 12:15, 13:17. Die Männermannschaft aus dem badischen Kronau und Östringen, die inzwischen im 40 Kilometer entfernten Mannheim spielt, schien auf der Siegerstraße zu sein. Die meisten Experten hatten einen deutlichen Auswärtssieg prognostiziert.
Sieg, Remis oder Niederlage für die Gastgeber?
Doch dann explodierte die Arena an der Jahnallee. Es ist schwierig, den entsprechenden Funken zu benennen. In dieser Phase hatte der überragende Milos Putera, der sogar dem gegnerischen „Apfel“ überragte, einen schnellen Gegenstoß von Patrick Groetzki – einem deutschen Nationalspieler – gehalten. In dieser Phase waren die einheimischen Handballfans nach mehreren, höchst strittigen Szenen in Rage geraten, drehte vor allem Roman Becvar im Angriff auf. Lukas Binder schaffte das Anschlusstor, Aivis Jurdzs mit seinem einzigen Treffer den Ausgleich, Benjamin Meschke die Führung. 21:20. Da standen die Zuschauer in der proppevollen Arena längst.
Sieg, Remis oder Niederlage für die Gastgeber? Das interessierte Chefcoach Christian Prokop in zweiter Instanz. „Ich wollte in erster Linie eine Mannschaft sehen, die unsere Vorgaben umsetzt, die selber an sich glaubt, die an der Spitzenmannschaft dran bleibt, die die Menschen in der Arena begeistern kann“, sagte CCCP nach dem Match. So wurde ein weiterer Sieger der Herzen geboren.
Vielleicht hätte der krasse Außenseiter einen Punkt behalten, wenn eine Chance oder ein Siebenmeter mehr verwandelt worden oder ein Abspielfehler weniger passiert wäre? Jedenfalls gingen die Mannheimer mit Ballbesitz und einem gaaanz knappen Vorsprung in die letzte Minute. Sie trödelten die Zeit routiniert runter. Sie spielten bei einem – angezeigten – passiven Spiel mindestens zwei Pässe, nahmen die allerletzte Auszeit und spielten anschließend nochmals sechs Pässe. Prompt hatten die Gastgeber nur noch drei Sekunden zum letzten Wurf. Es sollte nicht reichen.
Trainerstimmen:
Nikolaj Jacobsen (Rhein-Neckar Löwen): „Leipzig hat eine gute Mannschaft und es ist für jedes Team schwer, hier zu gewinnen. Ich bin froh über die zwei Punkte, die wir uns erkämpft haben und die auch etwas glücklich waren. Ich bin sehr zufrieden, denn es war eine schwere Woche für uns und die Niederlage gegen Flensburg hat wehgetan. Nach der 17:13-Führung hatten wir die Partie gut im Griff, doch dann hat uns Putera das Leben schwer gemacht und Leipzig kam wieder ran. Zum Schluss hat Mikael Appelgren viele wichtige Bälle gehalten. Hut ab vor der Leistung der Leipziger.“
Christian Prokop (SC DHfK Leipzig): „Glückwunsch an Nikolaj zum letztlich auch verdienten Sieg. Wir haben heute in den entscheidenden Momenten ein paar Möglichkeiten zu viel liegen lassen. Doch das ist für mich nebensächlich. Ich habe gesehen, dass die Mannschaft die Vorgaben vor einer großen Kulisse erfüllt und an sich geglaubt hat. Danke an die Zuschauer für die fantastische Endphase. Wir haben unseren offensiven Ankündigungen im Vorfeld auch Taten folgen lassen. Unser Überzahlspiel in sieben gegen fünf und sieben gegen sechs hat sehr gut funktioniert und die Abwehr hat einen saustarken Job gemacht. Kompliment an mein Team für den Kampf und das Umsetzen der taktischen Vorgaben. Trotz der knappen Niederlage überwiegt bei mir der stolz.
Statistik: SC DHfK Leipzig gegen Rhein-Neckar Löwen 24:25 (12:15)
Stationen: 1:2, 3:2, 7:3, 8:8, 9:12, 11:13, 12:15, 13:17, 17:18, 19:19, 21:20, 23:23, 24:25
SC DHfK Leipzig: Putera, Vortmann; Semper, Steinert 2/1, Rojewski 4, Jurdzs 1, Oehlrich, Binder 5, Janke 3, Roscheck, Meschke 2, Becvar 4, Milosevic 1
Rhein-Neckar Löwen: Appelgren, Palicka; Schmid 4/3, Sigurdsson, Manaskov 5, Baena Gonzalez, Larsen, Pekeler 5, Groetzki 3, Reinkind 2, Guardiola, Petersson 1, Ekdahl du Rietz 5, Steinhauser, Abt
Zuschauer: 4075 Handballfans in der ARENA Leipzig
Schiedsrichter: Grobe/Kinzel
Siebenmeter: Leipzig 3/1. Löwen 3/3
Zeitstrafen: Leipzig 10 Min, Löwen 6 Min
Rote Karte: Janke (Leipzig, 46.)
Spielbericht: Leutzschner Welle
Nicht so schlimm,Jungs!!!