Sie arbeiten unauffällig, schnell und effektiv – und leider auch für viel zu wenig Anerkennung. Die Arbeit eines Müllmanns würde häufig wohl erst auffallen, wenn sie nicht gemacht werden würde. Und genau deshalb haben wir einen Tag lang zwei echte Urgesteine der Stadtreinigung Leipzig begleitet. Sie arbeiten für die Bioabfallentsorgung und sind damit Teil eines engmaschigen Netzes der Abfallentsorgung. Und ein Vorurteil lässt sich vorab schon mal, sagen wir, schmälern: Der Geruch ist akzeptabel. Die Vorstellungskraft ist hochgeschlagen, die Nase hat Kurs genommen und schlimmeres als den Duft fauligen Obstes nicht erschnuppern können. Schön ist trotzdem anders!
Müllbeutel sind der „Tod“ des Bioabfalls
Andreas Borck erklärt, dass der Bioabfall zusammen mit dem Hausmüll, Sperrmüll, Behältereinigung, Altkleidersammlung und Winterdienst den Bereich der Abfallentsorgung umfasst. Er selbst ist seit 34 Jahren dabei und widmet über sein halbes Leben dem Dienst der Stadt. Seine Jungs, 30 an der Zahl, leeren alle 14 Tage Biotonnen (60l/120l/160l) in Leipzig. Jeden Tag rücken neun Kolonnen auf unterschiedlichen Touren aus und transportieren den Müll auf die vier Kompostierungsanlagen. Und das ist eine Menge! Seit dem 1. Januar 2015 ist es nämlich für jedes Haus Pflicht, eine Biotonne zu besitzen. Dastehen tun sie also überall, werden aber, wie ich später selbst erlebe, noch zu selten oder falsch genutzt. Häufigster Übeltäter: Der Müllbeutel bzw. die Plastiktüte. „Das sind die schlimmsten Erfindungen, die es hätte geben können“, bestätigt der 58-Jährige. Er selbst sei auch kein Fanatiker beim Trennen, aber darauf achte er schon.
Ca. 9:30 Uhr sitze ich schließlich zwischen Mario Irmscher und Thomas Wend, meinen zwei Experten für diesen Tag, in der Fahrerkabine und es geht los. Für die beiden Männer ist es bereits die zweite Tour. Denn wer sich gefragt hat, warum die Müllabfuhr immer in den Morgenstunden zu sehen, zu hören oder gegebenenfalls auch zu riechen ist, erhält prompt die Antwort: Ihre Schicht beginnt halb sechs und endet in der Regel 14 Uhr. Hat den Vorteil, dass alle Straßen noch halbwegs frei sind und die Jungs noch etwas vom Tag haben.
Die Tour beginnt
Wir setzen uns in Bewegung und es ist bereits affenheiß – perfekt also für eine Fahrt mit dampfendem Biomüll, der, wie Thomas verheißungsvoll verspricht „an solchen Tagen besonders stinkt“. Super. Auch immer mit dabei: Ein beachtlicher Schwung Wespen und Fliegen, mit denen man aber erstaunlich schnell zu leben lernt.
Mindestens 2400 Tonnen schaffen sie jährlich
Das Laden ist schnell erklärt: Thomas wuchtet die Tonnen zum Auto – von fast leer bis zum Rand voll ist alles dabei. Die schweren kriege ich nicht einmal unter Schmerzen einen Zentimeter bewegt. Die Tonne muss dann in einer Vorrichtung einrasten und wird über dem Sammelbecken ausgeschüttet. Und das dann hunderte Male immer auf repeat. Die Zeit sitzt im Nacken, genauso wie der Schweiß. Über 100 Biobehälter haben die Männer an diesem Tag geleert (knapp 20 gehen dabei auf mein Konto). „Das ist auf die Menge gerechnet ein echter Knochenjob“, erzählt Mario. Im Jahr schätzen sie, kommen sie auf mindestens 2.400 Tonnen Abfall, den sie zur Kompostieranlage fahren. Beachtlich! Schwer auszumalen, in was für Größenordnungen sich der gesamte Entsorgungsbereich der Stadt bewegt.
So ziehen sie von Tonne zu Tonne und erledigen gewissenhaft ihre Fuhre. Das Beste: Sind die Tonnen einmal zu weit voneinander entfernt, steigt der Lader hinten auf einen Tritt und fährt quasi auf dem Heck mit. Hat was von Hollywood, wie der Wind durchs Haar weht, nur halt hinten an der Müllöffnung. Macht trotzdem Spaß!
Nach knapp zwei Stunden sind die Tonnen alle leer und wir sind bereit, nach Limenha zu düsen, Richtung Kompost. Dabei machen wir eine Mini-Brotzeit und die Jungs haben zum ersten Mal Zeit, kurz zu verschnaufen. Die Kompostanlage ist ziemlich imposant. Berge aus Biomüll, aus denen früher oder später Erde gemacht wird. Und das, was auf der Fahrt noch erfrischend wenig gerochen hat, wird dort prompt nachgeholt. Die Halde versprüht einen Duft, der so intensiv ist, dass es einen beim ersten Aussteigen regelrecht benebelt.
13:30 Uhr kommen wir zurück in den heimatlichen Hafen und auf den Feierabend gibt es erstmal einen Plausch mit den Kollegen und eine Zigarette. Ich bin kaputt, aber zufrieden. Nette Menschen getroffen, einiges von Thomas (unten links) und Mario (unten rechts) mitgenommen und vor allem mein Bewusstsein dafür gestärkt, wie viel Arbeit ich selbst aus Bequemlichkeit schon verursachte habe.
Wer noch mehr über die Stadtreinigung Leipzig erfahren will, der kann am 12. September von 10 bis 15 Uhr zum offiziellen Tag der Stadtreinigung auf dem Augustusplatz vorbeischauen.