Die Diktatur Joseph Stalins gilt, neben der Adolf Hitlers, als eines der grausamsten Regime, die das moderne Europa jemals heimsuchten. Ihr fielen schätzungsweise 22 Millionen Menschen zum Opfer, darunter nicht nur politische Gegner Stalins, sondern auch zahlreiche Zivilisten. In einem regelrechten Orkan der Gewalt entwickelte sich ein einstiges Notstandsregimes zum „Großen Terror“ (1935-1939), der eine aufstrebende Gesellschaft vollkommen zugrunde richtete.
Die Grenze zwischen Traum und Terror, eine dünne Linie, die uns anscheinend nicht immer klar und deutlich erkennen lässt, auf welcher Seite wir uns gerade befinden. Eine geschichtliche Gradwanderung zwischen Ideologie und Fanatismus, Begeisterung und Extremismus. „Terror und Traum. Moskau 1937“, das im Carl Hanser Verlag erschienene Buch des in Berlin lebenden Historikers und Publizisten Karl Schlögel, spricht diese Thematik an. Ein Werk, mitten im Geschehen, dass Zahlen und Fakten verzweifelte Stimmen gibt und die Angst der Zeit spürbar, geradezu greifbar zumachen scheint.
Der 1948 geborene Autor studierte zunächst an der Freien Universität Berlin, in Moskau und Sankt Petersburg Philosophie, Soziologie, Osteuropäische Geschichte und Slawistik und lehrt heute als Professor für Osteuropäische Geschichte an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. Für seine geradezu akribische Aufarbeitung, Erforschung und Vergegenwärtigung dieses Stalinistischen Schreckensjahres und der faszinierenden Darstellung Moskaus in den 30ger Jahren des 20Jahrhunderts, wurde Schlögel der von einer international besetzten Jury und mit 15.000 Euro dotierte Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung für das Jahr 2009 zugesprochen. Dieser Buchpreis wird seit 1994 jährlich verliehen und zählt mittlerweile zu den wichtigsten Literaturauszeichnungen Deutschlands.
Anlässlich der Eröffnung der Buchmesse wird der Preis am 11. März des nächsten Jahres im Gewandhaus zu Leipzig verliehen. Wer allerdings schon vorher Autor und Buch zugesicht bekommen möchte, den lädt das Preiskuratorium, bestehend aus dem Freistaat Sachsen, der Stadt Leipzig, dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. und der Leipziger Messe GmbH, am bereits am 19. Januar 2009 ,19 Uhr, zu Lesung und Gespräch mit den Preisträgern nach Berlin in die Akademie Künste am Hanseatenweg.
Die Frage: „Wie konnten wir so etwas zu lassen?“ beschäftigt die europäische Gesellschaft und somit auch Literatur immer wieder. Nicht nur die Frage nach Tätern sollte dabei von Bedeutung sein; elementarer erscheint es, verstehen zu helfen, warum Menschen so handelten, wie damalige Gesellschaften funktionierten und welche Schreckenstaten aus ihnen hervorgingen; um sich selbst vor einem ähnlichen Trugschluss zu schützen. Eine Aufgabe, der „Terror und Traum. Moskau 1937“ gerecht werden könnte.