Am 6. Januar 2014 begannen die Bauarbeiten auf der Karli. Nun, ein Jahr später, haben wir uns gefragt, wie die Gewerbetreibenden die Zeit überstanden haben. Hier äußern sich die Geschäftsführer einiger beliebter Locations:
Sven vom Café Waldi:
„Im Waldi gab es schon einen Kundenrückgang, vor allem dadurch, dass es im Sommer, trotz gegenteiliger Versprechungen der Bauherren, keine Freisitz-Möglichkeiten gab, aber natürlich auch mangels voller Verkehrsfreiheit. Mit etwas Kreativität und durch Aktionen, konnten die Verluste aber gut kompensiert werden.“
Für die kommende Zeit wünscht sich Sven eine bessere Absprache mit den Bauherren. Gut wäre zum Beispiel, wenn die Lautstärke der Baustelle zu betriebsstarken Zeiten geringer gehalten werden könnte. Schwierigkeiten verursachte auch die, durch die Baustelle 300-400m weit entfernte Anlieferzone, da das Waldi eine sehr hohe Warenfluktuation hat.
„Der pragmatische Ansatz fehlt bei solchen Aspekten. Am Ende soll das Ergebnis der Baustelle ja urbanisieren, aber der Schmerz für Anwohner und Gewerbetreibende ist bei der Planung leider keine Rechengröße.“ Dabei seien andere Geschäfte sicher noch schlimmer dran gewesen, so Sven.
Sven Gerling von den Bagel Brothers:
Das Geschäft hatte einen Umsatzeinbruch von bis zu 50%, trotz der widrigen Verhältnisse lief es aber eigentlich überraschend gut, Gerling hatte mit schlimmerem gerechnet. Er war froh, dass noch so viele Leute kommen und glaubt, dass das auch für das Konzept und die Produkte spricht.
Einsparungen mussten zwar gemacht werden, auch gab es reduzierte Öffnungszeiten, aber entlassen werden musste niemand. Ärgerlich sei, dass bei einer Aufteilung in Bauabschnitte trotzdem die ganze Straße gesperrt wird.
„Der Plan an sich ist gut“, so Gerling, „die Straße wird hinterher attraktiver sein und das Ergebnis für Bagel Brothers und auch für andere ein Gewinn, aber einige kleine Gastronomen werden es wahrscheinlich nicht schaffen, was schade ist, da dadurch die Stadt auch irgendwo ihr Gesicht verliert.“
Daniel Weise vom La Boum:
„Auch das La Boum hatte kleine Umsatzeinbrüche zu verzeichnen, aber andere traf es sicher schlimmer. Tagsüber war es schon schwierig, das Geschäft zu betreiben, da sich durch den Lärm und Dreck der Baustelle niemand draußen hinsetzen wollte. Aber es gab eine erfolgreiche WM Saison und die Baufirmen sind gut auf die Anlieger eingegangen.“, erzählt Herr Weise. „Für einen Komplettumbau sind die Auswirkungen ok, es ist eben notwendig.“
Das einzige was Daniel Weise wirklich besorgt, ist die Tatsache, dass nun doch die Hälfte des Freisitzes wegfallen soll, obwohl es im Vorfeld von der Stadt immer verneint wurde.
Wenn die Straße wieder offen ist, braucht es vielleicht ein bisschen, bis der alte Flair wieder da ist. Aktuell gibt es eine Diskussion um die Farbe des Lichts der neuen Straßenbeleuchtung, die IG Karli setzt sich für den Erhalt des warmen, gelben Lichts ein.
„Wenn alle die miese Zeit geschafft haben, wird es sich schnell wieder einspielen. Für andere Geschäfte ist es sicher schmerzlicher, als für Gastronomen, die sich auf Stammkunden und publikumsanziehende Veranstaltungen stützen können, kleine Büdchen die von Laufkundschaft abhängig sind haben diesen Vorteil nicht.“
Aber Weise betont, dass nicht alles im Zusammenhang mit der Baustelle schlecht war. So wurde das Karli Beben ins Leben gerufen, das super Anklang gefunden hat und auch in diesem Jahr wieder stattfinden soll. Auch die Gründung der IG Karli ist der Baustelle geschuldet, damit wurde eine Form des Zusammenhalts geschaffen, wo ohne Baustelle wahrscheinlich jeder weiter sein eigenes Süppchen gekocht hätte.
Andreas Bürger vom Volkshaus:
„Man hat die Baustelle schon gespürt, insbesondere bei der ersten Sperrung im Januar/Februar, das Volkshaus machte rund 35% Umsatzeinbußen im Vergleich zum Vorjahr. Ein erster Wendepunkt kam nach dem Karli Beben – man konnte erfolgreich vermitteln, dass die Karli noch begeh- und befahrbar ist. Zwar gab es danach immer noch einen Rückgang von 10-15%, aber es war erst mal besser. Auch die WM hat geholfen, den Einbruch aufzufangen.“
In diesem Jahr ist die Westseite der Straße dran, an der auch das Volkshaus liegt. Dadurch erwartet Bürger größere Einschränkungen, so wird man auch auf den Freisitz verzichten müssen.
Für das kommende Jahr hofft er, dass die Zeit so kurz wie möglich gehalten wird, der Wille auf Seiten der Bauherren sei auch da, trotzdem sei in den warmen Monaten mit wenigstens 6 bis 8 Wochen zu rechnen.
Herr Bürger wünscht sich außerdem, dass die Anregung der Anlieger, das neue Beleuchtungskonzept betreffend, bei den Bauherren angekommen ist und dass ein vernünftiges Park- und Begrünungskonzept erstellt wird, sodass bald wieder Leben in die Karli einzieht und man an die Umsatzzeiten von vor der Baustelle anknüpfen, oder sie, als kleinen Ausgleich, sogar übertreffen kann.
Im Fazit: „Hoffen wir, dass alle das letzte Jahr noch überstehen.“