Begegnung auf Augenhöhe Mensch, Hund! Episode 4: Dear Uncle

Sechs Monate ist der kleine Dackelmischmasch nun bei mir. Heute ist sein Geburtstag!

(Hier geht’s zu den bisherigen Episoden:

Episode 1: Lebensverändernde Maßnahmen  

Episode 2: Hundstage

Episode 3: Führen und Folgen)

Sechs Monate ist der kleine Dackelmischmasch nun bei mir. Da man das genaue Alter von Uncle nicht kennt, habe ich es irgendwann kurzerhand auf den 21. Februar gelegt. „U“ ist nämlich der 21. Buchstabe des Alphabets und „N“ der 14., also der zweite Monat, wenn man nach Dezember von vorne anfängt zu zählen. Jedenfalls wird Uncle da nun zwei Jahre alt. Wem das zu unromantisch klingt, der sollte unbedingt weiterlesen, denn hier kommt mein Liebesbrief an meinen Hund.

© Anne Gahlbeck
Hey Uncle,

ich rede oft mit dir wie mit einem Menschen und weiß natürlich, dass du maximal einen Bruchteil davon verstehst. Dafür schaust du mich oft an und ich frage mich, was du mir gerade mitteilen willst. In den meisten Fällen ist es wohl „Kommt da jetzt noch was (zu essen) oder kann ich gehen?“ Jedenfalls sind es so viele kleine Blicke – ob du aus deinem Körbchen zu mir schaust, bevor du wegdöst, oder beim Gassi gehen einfach so zu mir hochblickst, oder dich bei mir rückversicherst, wenn doch mal wieder ein ganz gruseliger Mann an uns vorbei geht: wir haben da wohl eine Connection.

In diesem halben Jahr ist für mich eine Ewigkeit vergangen. Wir sind gemeinsam durch die sommerliche Affenhitze gedackelt, als ich so überfordert mit dir war, wir sind durch die Hundeschule gegangen (ein besonderer Dank geht hierbei an Marcel Müller mit seiner Hundeschule Stadtwölfe), wir haben gelernt, uns entgegen kommenden Menschen ignorant bis freundlich zu begegnen, wir mussten durch höhere Gewalt in ein neues Zuhause ziehen und haben teilweise von vorne angefangen, wir haben gelernt uns auch mal zu vertrauen, wir haben Weihnachten mit der Familie und auch Silvester gemeistert und jetzt arbeiten wir sogar wieder an deinen Bürohund-Fähigkeiten.

© Anne Gahlbeck
Ich muss sagen: Ich finde du machst das toll! Ja, manchmal, wenn wieder eine kleine Sicherung bei dir durchbrennt und du einem männlichen Familien- oder Büromitglied nicht mal gestatten willst, aufzustehen, dann wiederum möchte ich dich herzlich gern an die Wand klatschen, in der Hoffnung du mögest dich in einen Plüschhund verwandeln. Wenn du dich aber freust wie ein kleiner Welpe, wenn dir bekannte Menschen entgegen kommen, oder wenn du erst mal aufgeregt ein paar Runden durch die Wohnung rennst, weil Besuch kommt, den du magst, oder wenn du wie der absolute Boss an einem anderen Hund vorbeigehst, der sein Herrchen/Frauchen und die ganze Straße verrückt macht, weil er irgendwas von dir will – dann merke ich, was für eine coole Socke du bist. Du fährst mit Seilbahn, Auto, Boot und Zug, du rennst am Fahrrad als wären deine Beine nicht etwas zu kurz für deinen Körper, du hast so viel Liebe zu geben, dass es manchmal etwas anstrengend ist, du akzeptierst immer mehr Menschen um dich herum und mehr noch, du hast dich vorsichtig an meine Tante geschmiegt, die doch Angst vor Hunden hat. Dass du mit mir auch mal zehn Stunden auf der Couch chillst, wenn ich verkatert bin, dass du mir folgst, auch wenn du der Sache nicht ganz traust, oder dass du gar keinen Sinn darin siehst, schon aufzustehen, wenn es draußen noch dunkel ist … all das find ich ziemlich klasse.

Ein paar weitere Baustellen gibt es da natürlich weiterhin, aber diese Episode gilt allein dem, was wir und was du schon geschafft hast. I wuff you, Uncle!

© Anne Gahlbeck