Album des Monats Herzschmerz und Wut im Bauch – „Haare eines Hundes“ von Tränen

Bei Tränen geht es – wer hätte es gedacht – um Gefühle. Das Debütalbum der zweiköpfigen Band, „Haare eines Hundes”, dreht sich um Herzschmerz, Wut und Frust. Ein richtiges Debüt ist es dabei eigentlich gar nicht, denn die beiden von Tränen könntet ihr bereits aus anderen Projekten kennen.

© Selena Hamers

Ja, tatsächlich sind Tränen keine „echten“ Newcomer:innen in der Szene. Gwen Dolyn ist bisher vor allem mit der Band Toyboys, mit denen sie die EP „Komm schon!“ veröffentlicht hat, aufgetreten. 2020 haben sich die Künstlerin und die Jungs von Toyboys zusammengefunden, seitdem machen sie gemeinsam Musik, die sich irgendwo zwischen Post-Punk, Grunge, Pop und Neue Deutsche Welle wiederfindet. Ihren Tränen-Kollegen Steffen Israel dürfte man ebenfalls wiedererkennen: Denn der spielt als Leadgitarrist in der Chemnitzer Band Kraftklub. Produziert wurde das Album vom Leipziger Sound-Genie Simon Freidhöfer im Neu-Lindenauer Off-The-Roads-Studio.

Komplex und gefühlvoll

Die musikalische Herkunft der Tränen wird spätestens beim Hinhören offensichtlich, denn auch bei Tränen spielen düstere Post-Punk-Sounds, aber teils auch verträumte, teils verzweifelt und zornig klingende Tracks eine Rolle. Gemischt mit zynisch-ironischer Deutschpunk-Attitüde à la Kraftklub oder Blond ergibt das eine sehr runde Platte, die bissig, authentisch und komplex wirkt. So dreht sich der erste der vorab als Single ver­öffentlichten Songs „Stures dummes Herz“ um eine toxische und schmerzhafte Liebesbeziehung, in der die Protagonistin sich lieber selbst belügt, als sich einzugestehen, dass sie besser loslassen sollte. Mit Kapitulation geht es deutlich langsamer und düsterer weiter. Gwen Dolyn verarbeitet ihre Erfahrungen als Frau und Feministin und stellt sich die Frage: Muss ich mich für andere verstellen, um geliebt zu werden? In „Mitten ins Gesicht“ geht es um die Erkenntnis, dass jeder Mensch sich zuallererst selbst genug sein und sich für niemanden anderen einschränken sollte.

Bunter Mix mit Retro-Feeling

© Selena Hamers

Das Lyrisch-Rebellische durchzieht auch die Melodien von Tränen: In der DNA der Band stecken deutlich hörbare Einflüsse der Neuen Deutschen Welle, Post-Punk, 80’s Revival Sounds wie bei Edwin Rosen und sogar ein kleines bisschen The Cure. Aber das Duo bietet eben doch mehr, als in jegliche Schubladen, in die man sie stecken könnte, reinpasst. Gwen Dolyns Talent als Sängerin und lyrisches Mastermind hinter „Haare eines Hundes“ und Steffen Israels unverkennbares Verständnis für satte Melodien kommen hier in perfekter Symbiose zusammen.

Am 24.2.2024 könnt ihr Tränen live im Werk2 sehen.

Album-Veröffentlichung 3.11.2023